RealHive – Wie alles anfing

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Inhalt

Teil 1: Was braucht man für einen Real-Hive?
Teil 2: Prototyp 1 – RealHive-Display
Teil 3: Prototyp 2 – RealHive-AntEarth

Der RealHive ist aus einer einfachen Frage entstanden: Wie funktioniert ein Hive in der Natur und könnte man einen solchen Hive in den eigenen vier Wänden beobachten? Wie jeder Leser sicher bereits vermutet, handelt es sich beim RealHive also nicht um ein elektronisches Artefakt, sondern um einen echten Hive, um ein sogenanntes Formicarium, eine Miniaturbiosphäre mit einem kompletten Ameisenstaat. Für einen Tekki wie mich gibt es nichts faszinierenderes, als die überragenden Lösungen der Natur zu studieren und ehrfürchtig und demütig an meinem ganzen „elektronischen Plunder“ weiterzuarbeiten. Deshalb sei mir dieser Abstecher in die Multicore-Technologie der Natur an dieser Stelle verziehen – ich hoffe der Inhalt ist dennoch ein wenig interessant und inspirierend. Das Ganze ist mal ein Abenteuer ganz anderer Natur, aber nicht ganz am Thema vorbei, denn es ist ja oft so, dass ganz brauchbare Ideen bei einem solch abenteuerlichen Exkurs entstehen.

Nun aber zum Thema: Schauen wir uns mal an, was man für ein solches Experiment braucht. Am Anfang steht die Frage, wie man einen kompletten Ameisenstaat beobachtet? Man kann ja schlecht mit einem Spaten losziehen und einen solchen Staat ausgraben? Mal ganz davon abgesehen, dass man dabei unzählige Individuen töten würde, bliebe bei dieser Vorgehensweise eine der interessantesten und faszinierendsten Fragen gänzlich unbeantwortet: Wie entsteht und wächst ein solcher Insektenstaat? Also fangen wir doch ganz klein an, denn ein solcher Staat, der in der Natur oft aus einigen 100.000 Tieren besteht kann, wird in den meisten Fällen von nur einer Königin gegründet. Ein Insektenstaat besteht dabei überwiegend aus Weibchen, welche oft auch noch einer ganz spezifischen Kaste angehören. Eine oder wenige Königinnen sorgen für den Nachwuchs, oder besser für die Eiablage, alle weiteren Arbeiterinnen und Soldatinnen kümmern sich um die Brutpflege, den Nestbau und die Nahrungsbeschaffung. In jedem Frühjahr kommt es zum Hochzeitsflug: Junge geflügelte Prinzessinnen schwärmen in Massen aus und werden von den Drohnen (geflügelte Männchen) begattet. Und diese Drohnen gibt es nur für diesen einen Zweck – um die jungen Prinzessinnen zu begatten. Gelingt das, so bricht die nun begattete Königin ihre Flügel ab und versucht einen neuen Staat zu gründen. Und genau das ist der Punkt: Wir bräuchten nur eine junge Königin, um die Gründung und das Wachstum eines ganzen Insektenstaates beobachten zu können!

Was braucht man für einen RealHive?

Ein paar wichtige Worte zu Anfang: Wer sich an ein solch wunderbares Experiment wagt, sollte überdenken, ob er über die wichtigste Voraussetzung dafür verfügt – Achtung und Demut vor dem Leben. Womit wir es hier zu tun haben sind Lebewesen, so klein sie auch sein mögen. Also sollte man mit aller Sorgfalt auch eine Umgebung schaffen, welche diese Wesen in ihrer Entwicklung nicht zu sehr behindert. Wer also keine Zeit hat sich um ein solches Projekt zu kümmern, sollte es lieber sein lassen – wobei man aber eines klar sehen muss: Zeit für ein solches Projekt, bedeutet auch Zeit für sich Selbst zu haben!

Soweit zur mentalen Vorbereitung. Als nächstes gilt es eine Königin zu finden. Am Anfang war das für mich ein Problem. Nach einigen Tagen Lernarbeit fand ich heraus, dass die einheimische Ameisenart Lasius niger ein guter Anfang wäre, zumal diese Völker oft polygyn sein sollen – also mehrere Königinnen im Staat haben, welche bei warmen Wetter durchaus in Zweignestern unter Steinen zu finden sind. Ich kann nicht mehr genau sagen wie viele Stein ich im Verlauf eines Wochenendes gewendet hatte um eine Königin zu ergattern, allerdings in allen Fällen erfolglos! Dabei hatte ich mir zur sicheren Entnahme extra einen Exhaustor gebastelt, um mit Lungenkraft die Königin schonend einsammeln zu können.

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(Photo by Philipendula, Quelle Wikipedia) Also keine Königin aus der freien Natur. Nun, was macht ein Tekki in einem solchen Fall? Klar doch – google anwerfen und nach „Ameisenkönigin bestellen“ suchen. 🙂 Und man findet www.antstore.de! Also einfach eine Königin Lasius niger bestellt. Aber wie das Leben so spielt: Nachdem ich das Päckchen erhalten hatte, war die Zeit zum Schwärmen für die einheimischen Völker gekommen und mir liefen plötzlich dutzende Prinzessinnen über den Weg. Als AntNerd hat man natürlich immer einige vorbereitete Behältnisse dabei, um die Tiere zu bergen. So hatte ich nun neben der Online-Königin zwei weitere Ameisenherrscherinnen in meiner Obhut.

Die Gründungskammer

Natürlich ist es wichtig alle Königinnen getrennt zu halten, da sie sich sonst gegenseitig umbringen würden – es kann schließlich nur eine Herrscherin geben. In der freien Natur werfen die Königinnen unmittelbar nach der Begattung ihre Flügel ab und graben eine Gründungskammer. Hier legen sie die ersten Eier und verschaffen sich ihre ersten Untertanen. Hier einige Bilder der Königinnen in den Gründungskammern. Natürlich hat auch jede Dame einen Namen bekommen wie es sich für einen ordentlichen Hive gehört. Nein, nicht was ihr jetzt denkt, nicht Regnatix, Bellatrix oder Administra… 🙂 Die erste Königin heißt Yan Li, die zweite Elvira und die dritte Dame nannte ich Xena.

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(Photo „Puppe“ by Böhringer Friedrich, Photo „Ameiseneier“ by Simon Eugster, Quelle WikipediaQuelle Wikipedia) Zurück zu unserem Experiment: Wie baut man nun eine solche künstliche Gründungskammer? Die Lösung ist recht einfach, man verwendet ein einfaches Reagenzglas, in welchem ein Wasserreservoir mit einem Wattepfropfen abgetrennt wurde. Der Wattepfropfen muss dabei schön fest sein, damit die Kammer nicht geflutet wird. Diese Feuchtigkeitsquelle ist sehr wichtig, damit die Königin, Larven und Puppen nicht vertrocknen. Ameisen bewegen sich in der Dunkelheit und so sollte man die Gründungskammer so selten wie möglich dem Licht aussetzen. Auch Erschütterungen sind unbedingt zu vermeiden. Allerdings scheinen die Tiere eine schlechte Wahrnehmung für das rote Farbsprektrum zu haben, weshalb man als Abdeckung auch rote Folie verwenden kann. In der Gründungskammer beginnt die Königin nun ganz allein einen Staat zu bilden – sie legt die ersten Eier. Im übrigen haben diese Eier nichts mit den „Ameiseneiern“ zu tun, welche man oft unter Steinen findet – das sind nämlich die Puppen, also die verpuppten Larven in ihrer Methamorphose. Die Eier selbst sind extrem klein und kleben in einem Eierpaket zusammen. Mit einer Lupe kann man das gut erkennen. Sehr gut geeignet zur Beobachtung sind diese schicken Lupenbrille, außerdem ist man mit so einem Teil schon fast Borg. 🙂 Kurze Zeit später schlüpfen aus diesen Eiern Larven. Sowohl die Eier, als auch die empfindlichen Larven werden in dieser Phase noch ganz allein von der Königin gepflegt und gefüttert. Dabei zehrt die Königin von den Reserven die sie körperlich bei sich trägt – ein wahres Kunststück der Natur. Wenn die Larven sich endlich verpuppen, schlüpfen nach einigen Tagen die ersten Arbeiterinnen. Allerdings handelt es sich bei dieser ersten Generation nicht um normale Arbeiterinnen, sondern um sogenannte Pygmäen. Ameisen wachsen nach dem schlüpfen nicht mehr und durch die begrenzten Ressourcen der Königin fallen die ersten Tiere sichtbar kleiner aus als in der späteren Entwicklung des Staates. Dennoch ist nun der Zeitpunkt gekommen, an dem die Königin ihre Herrschaft antritt, denn von nun an besteht ihre einzige Aufgabe darin Eier zu legen und durch entsprechende Botenstoffe die Geschicke des Staates zu lenken. Die Pygmäen und die späteren Arbeiterinnen werden von nun an die Königin umhegen, sie füttern und reinigen, die Eier, Larven und Puppen pflegen und das Nest bauen.

Das alles kann man bereits mit einer Lupe in der Gründungskammer beobachten, man kann die Eier zählen, kann zusehen wie aus den Eiern Larven werden, zusehen wie die Königin die Brut pflegt und wie der Staat geboren wird. Wenn die erste Generation geschlüpft ist, kann man die Gründungskammer öffnen und mit einer kleinen Arena verbinden, in welcher man Futter bereitstellt. Honig, Zuckerlösung oder kleinere tote Insekten eignen sich gut dafür. Nach einiger Zeit wird das Volk angewachsen sein und eine entsprechende Anzahl ausgewachsener Arbeiterinnen kümmern sich um die Geschicke. Zeit sich Gedanken über ein richtiges Nest, das eigentliche Formicarium, zu machen.

Prototyp 1 – RealHive-Display

Zeit sich Gedanken darüber zu machen, wie ein Formicarium aussehen sollte. Folgende Punkte gilt es zu beachten:

Natürliche Umgebung und Nestbau: Am wichtigsten ist für die Ameisen eine natürliche Umgebung. Ich persönlich halte nichts von vorbereiteten Kammern oder nahrhaftem Gel – die Ameisen sollen ihren Hive selbst gestalten und an die Gegebenheiten anpassen können. Also muss das Formicarium Sand oder Erde bieten, in welchem das Volk sein Nest bauen kann.

Feuchtigkeitsgradient: Die Ameisen und vor allem die Brut  braucht ganz bestimmte Bedingungen bezüglich Temperatur und Feuchtigkeit, um zu gedeihen. Deshalb ist es wichtig, dass es im Formicarium sowohl trockene wie auch feuchte Zonen gibt – die Arbeiterinnen bauen die Kammern genau in jenen Bereichen, welche den nötigen Bedingungen genügen. Später kann man dann beobachten, wie die Brutpflegerinnen die Eier, Larve und Puppen zwischen den Kammern, je nach aktuellem Temperaturverlauf umschichten. Wichtig ist auch ein Luftaustausch, denn wenn es keine Konvektion gibt, besteht die große Gefahr, das sich Schimmel bildet. Trotz Konvektion muss aber das Nest auch ausreichend feucht sein, weshalb vorzusehen ist, dass man es dezent bewässern kann.

Belüftung: Obwohl es die Ameisen in bestimmten Bereichen meist feucht mögen, muss auf eine ausreichende Belüftung geachtet werden. Man kann ein Formicarium nicht einfach verschließen, da es sonst schnell zur Schimmelbildung kommt.

Beobachtbarkeit und Ausbruchschutz: Wenn das Projekt einen Sinn ergeben soll, muss das Nest gut zu beobachten sein, ohne das sich die Tiere gestört fühlen. Ständiges Licht stört die Tiere aber, was zu beachten ist. Und man sollte sehr genau darüber nachdenken, wie man die Tiere daran hindert in der Wohnung die Küche  zu besuchen. Ameisen sind sehr begabte Ausbruchsmeister, ihre Kundschafterinnen finden jeden Spalt, jedes noch so kleine Loch, jede Möglichkeit ihren Wirkungsradius zu vergrößern und wenn eine Ameise dieses Loch kennt, kennen es in kürzester Zeit alle!

Arena: Irgendwie muss das Volk gefüttert werden. Das Nest selbst ist dafür ungeeignet, da durch die dort herrschende Feuchtigkeit schnell Schimmel auftritt. Außerdem entspricht das nicht dem normalen Lebensbild der Tiere – in der Natur müssen sie die Umgebung erkunden und ihr Futter suchen. Dafür braucht man neben dem Nest einen größeren Raum, der genug Platz bietet um Futter zu verteilen – die Arena. Hier kann man gut beobachten wie Kundschafter die Gegend durchstreifen und emsig eine Ameisenstraße organisieren, sobald sie Futter gefunden haben.

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Wie könnte das konkret aussehen? Die klassische Konstruktion ähnelt in der Form einem Bilderrahmen. Zwischen zwei Glasplatten befindet sich eine dünne Schicht Sand, in welchem die Ameisen ihr Nest bauen können. Und genau so habe ich das erste Formicarium auch aufgebaut: Eine größere Glasscheibe für die Front und eine kleinere für die Rückseite. Drei zugeschnittene Kunststoffstreifen mit wasserabweisendem Kleber – der Sand wird ja ab und an angefeuchtet – als Abstandsleisten verklebt und fertig war der Grundkörper. Zwei Plexiglasstreifen mit einem Schlitz bildeten die Standfüße. Die obere Öffnung wurde mit einer passgenauen Verschlussleiste versehen, damit das Formicarium dicht ist. Befüllt habe ich das ganze mit zwei verschiedenen Sandsorten.

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Einige Besonderheiten der Konstruktion:

Drainage: An der linken Seite befindet sich ein Stück Silikonschlauch, welches am unteren Ende fast bis zum Boden reicht und oben einige Millimeter über den Rand ragt. Das untere Ende ist mit einem Wattepfropfen verschlossen, oben fand sich ein passender Metallverschluss. Das ganze dient zum dezenten befeuchten des Sandes. Von oben kann man mit einer Spritze Wasser einfüllen, welches dann langsam in den Sand diffundiert und im Formicarium einen Feuchtigkeitsverlauf bildet. Es ist natürlich wichtig das diese Anordnung absolut dicht für die kleinen Racker ist, sonst dauert es nicht lange und man hat die erste Ameisenstraße quer durch die Wohnung.

Eingang: An der rechten Seite wurde ein längeres Stück Silikonschlauch eingeklebt, welches aber nur einige Millimeter in das Formicarium ragt. An diesen Schlauch kann man mit einer Kupplung beliebige andere Module ankoppeln. Wichtig auch hier – muss dicht sein!

Arena: Als erste Arena für das Mini Volk wurde kurzerhand eine CD-Schachtel angepasst. Ein wenig Sand, einige Steine und fertig ist die erste Futterstelle. Über die Kupplung kann diese Arena an das Formicarium gekoppelt werden.

Mittlerweile war ein Dutzend Pygmäen geschlüpft und es wurde die erste normale Generation von Arbeiterinnen großgezogen. Wenn die ersten ausgewachsenen Arbeiterinnen die Königskammer bewohnen, ist es Zeit auf Wanderschaft zu gehen um aus der Gründungskammer in das neue Nest umzuziehen. Doch wie bringt man ein Ameisenvolk dazu – ganz konkret das Elvira-Volk – das Nest zu wechseln, ohne die Tiere zu sehr zu stressen, oder gar zu verletzen? Das ist einfacher als man vermutet, denn man kann das Volk dazu bewegen selbst auf Wanderschaft zu gehen. Ständig sind Kundschafter Ameisen unterwegs, welche jede Ritze, jeden Raum und jeden neuen Pfad erkunden. Wird dabei ein besserer Siedlungsplatz gefunden, findet unter den Arbeiterinnen ein demokratischer Vorgang statt und wenn die Bedingungen ausreichend gestaltet sind, zieht das Volk meist Nachts und ganz heimlich mit der Königin und der Brut komplett um – natürlich erst nachdem ein kleines neues Nest gebuddelt wurde. Als weiser Ameisengott hat man dabei nur eine Aufgabe: Man muss nur dafür sorgen, das es den Ameisen in ihrer Gründungskammer nicht mehr gefällt und das neue Nest im Gegensatz dazu richtig wohnlich ist.

Und so funktioniert es:

1. Man verpasst dem Volk eine gute Extraportion Proviant um die Zeit der „Wanderschaft“ vorzubereiten.

2. Man koppelt die Gründungskammer an das Formicarium.

3. Man sorgt dafür, das sich die Ameisen in der Gründungskammer nicht mehr wohl fühlen. Man muss nur den Lichtschutz entfernen, denn Ameisen mögen in ihrem Nest kein Licht. Damit sind die Kleinen jetzt ausreichend motiviert, um nach einem besseren Zuhause zu suchen.

4. Man schafft im Formicarium ideale Bedingungen, also ein wenig feuchter Sand und man dunkelt es vollständig ab.

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Schon nach einigen Stunden haben die Kundschafter die ersten Arbeiter überredet mit dem Bau eines neuen Nestes zu beginnen und irgendwann befindet sich dann ganz plötzlich über Nacht auch die Königin und die Brut in den neuen Kammern. Allerdings muss man schon sehr viel Glück und Feingefühl haben, um die Wanderschaft zu beobachten, denn Ameisen verstehen bei allem was ihre Herrscherin und die Brut betrifft keinen Spaß. Der Umzug ist sicher eine recht kritische Sache aber auch sehr interessant.

Prototyp 1 – AntWorld

Schöne neue Welt, aber das Ameisenexperiment ist noch lang nicht fertig. Als erstes folgen einige abschließende Arbeiten am Formicarium selbst. Der Rahmen wurde mit einer hübschen Sichtblende beklebt und mit einem LCD-Thermometer versehen. Der Nestbereich selbst wurde von hinten komplett mit der Sichtblende verdeckt, damit das Nest von der hinteren Seite abgedunkelt ist. Die Vorderseite wurde mit einer roten durchsichtigen Folie versehen, welche abnehmbar ist. So kann zur Beobachtung das Glasformicarium leicht von hinten beleuchtet werden und es scheint ein dezentes Licht von hinten durch die Nestkammern, da das Material der Sichtblende ein wenig Licht durchlässt.

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Aber auch die Arena hat noch ein wenig Modding nötig. So habe ich die ganze AntWorld um diverse Kammern und einen Treehouse 🙂 erweitert wie man auf den folgenden Bildern erkennen kann. Bis auf das Baumhaus ist das ganze System in sich geschlossen und mit Schläuchen verbunden. Das Baumhaus aber ist offen und damit ideal zum Füttern und für die Beobachtung. Allerdings bedarf es dabei einer Wassersperre, damit die Ameisen nicht autonom die weitere Umgebung erkunden. Der Schlauch ist dabei unter Wasser als Schleuse geführt. Natürlich sollte man gerade im warmen Sommer darauf achten das immer ein entsprechender Wasserstand besteht… 😉

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Kehren wir zurück zum Anfang: Wir hatten zwei Königinnen – Elvira und Yan Li. Elvira hat ihr Volk nun in das gelobte Land geführt, doch was ist mit Yan Li?

Davon mehr in der Fortsetzung…

Prototyp 1 – RealHive-Display
Zeit sich Gedanken zu machen wie ein Formicarium aussehen sollte. Folgende Punkte gilt es zu beachten:
Natürliche Umgebung und Nestbau: Am wichtigsten ist für die Ameisen eine natürliche Umgebung. Ich persönlich halte nichts von vorbereiteten Kammern oder nahrhaftem Gel – die Ameisen sollen ihren Hive selbst gestalten und an die Gegebenheiten anpassen können. Also muss das Formicarium Sand oder Erde bieten, in welchem das Volk sein Nest bauen kann.
Feuchtigkeitsgradient: Die Ameisen und vor allem die Brut  braucht ganz bestimmte Bedingungen bezüglich Temperatur und Feuchtigkeit, um zu gedeihen. Deshalb ist es wichtig, dass es im Formicarium sowohl trockene wie auch feuchte Zonen gibt – die Arbeiterinnen bauen die Kammern genau in jenen Bereichen, welche den nötigen Bedingungen genügen. Später kann man dann beobachten, wie die Brutpfegerinnen die Eier, Larve und Puppen zwischen den Kammern, je nach aktuellem Temperaturverlauf umschichten. Wichtig ist auch ein Luftaustausch, denn wenn es keine Konvektion gibt, besteht die grosse Gefahr, das sich Schimmel bildet. Trotz Konvektion muss aber das Nest auch ausreichend feucht sein, weshalb vorzusehen ist, dass man es dezent bewässern kann.
Beobachtbarkeit: Wenn das Projekt einen Sinn ergeben soll, muss das Nest gut zu beobachten sein, ohne das sich die Tiere gestört fühlen. Ständiges Licht stört die Tiere aber, was zu beachten ist.
Arena: Irgendwie muss das Volk gefüttert werden. Das Nest selbst ist dafür ungeeignet, da durch die dort herrschende Feuchtigkeit schnell Schimmel auftritt. Außerdem entspricht das nicht dem normalen Lebensbild der Tiere – in der Natur müssen sie die Umgebung erkunden und ihr Futter suchen. Dafür braucht man neben dem Nest einen grösseren Raum, der genug Platz bietet um Futter zu verteilen – die Arena. Hier kann man guet beobachten wie Kundschafter die Gegend durchstreifen und eine Ameisenstrasse organisieren, sobald sie Futter gefunden haben.
Wie könnte das konkret aussehen? Die klassische Konstruktion hat die Form eines Bilderrahmens. Zwischen zwei Glasplatten befindet sich eine dünne Schicht Sand, in welcher die Ameisen ihr Nest bauen können. Und genau so habe ich das erste Formicarium aufgebaut: Eine grössere Glasscheibe für die Front und eine kleinere für die Rückseite. Drei zugeschnittene Kunststoffstreifen mit wasserabweisendem Kleber – der Sand wird ja ab und an angefeuchtet – als Abstandsleisten verklebt und fertig war der Grundkörper. Zwei Plexiglasstreifen mit einem Schlitz bildeten den Fuß. Die obere Öffnung wurde mit einer passgenauen Verschlussleiste versehen, damit das Formicarium dicht ist. Befüllt habe ich das ganze mit zwei verschiedenen Sandsorten.
Einige Besonderheiten der Konstruktion:
Drainage: An der linken Seite befindet sich ein Stück Silikonschlauch, welches am unteren Ende fast bis zum Boden reicht und oben einige Millimeter über den Rand ragt. Das untere Ende ist mit einem Wattepfropfen verschlossen, oben fand sich ein passender Metallverschluss. Das ganze dient zum dezenten befeuchten des Sandes. Von oben kann man mit einer Spritze Wasser einfullen, welcher langsam in den Sand diffundiert und im Formicarium einen Feuchtigkeitsverlauf bildet. Es ist natürlich wichtig das diese Anordnung absolut dicht für die kleinen Racker ist, sonst dauert es nicht lange und man hat die erste Ameisenstrasse quer durch die Wohnung.
Eingang: An der rechten Seite wurde ein längeres Stück Siliconschlauch eingeklebt. An diesen Schlauch kann man mit einer Kupplung ein beliebiges anderes Modul ankoppeln. Wichtig auch hier – muß dicht sein!
Arena: Als erste Arena für das Minivolk wurde kurzerhand eine CD-Schachtel engepasst. Ein wenig Sand, einige Steine und fertig ist die erste Futterstelle. Über die Kupplung kann diese Arena an das Formicarium gekoppelt werden.
Mittlerweile war das erste Dutzend Pygmäen geschlüpft und es wurde die erste normale Generation von Arbeiterinnen großgezogen. Wenn die ersten ausgewachsenen Arbeiterinnen die Königskammer bewohnen ist es Zeit auf Wanderschaft zu gehen. Doch wie bringt man ein Ameisenvolk dazu – ganz konkret das Elvira-Volk – das Nest zu wechseln ohne die Tiere zu sehr zu stressen oder gar zu verletzen? Das ist einfacher als man vermutet, denn man kann das Volk dazu bewegen selbst auf Wanderschaft zu gehen. Stndig sind Kundschafterameisen unterwegs, welche jede Ritze, jeden Raum und jeden neuen Pfad erkunden. Wird dabei ein besserer Siedlungsplatz gefunden findet unter den Arbeiterinnen ein demokratischer Vorgang statt und wenn die Bedingungen ausreichend gestaltet sind, zieht das Volk meist Nachts und ganz heimlich mit der Königin und der Brut komplett um – natürlich erst nachdem ein kleines neues Nest gebuddelt haben.
Und so funktioniert es:
1. Man verpasst dem Volk eine gute Extraportion Proviant um die Zeit der „Wanderschaft“ zu überbrücken.
2. Man koppelt die Gründungskammer an das Formicarium.
3. Man sorgt dafür, das sich die Ameisen in der Gründungskammer nicht mehr wohl fühlen. Man muß nur den Lichtschutz entfernen, denn Ameisen mögen in ihrem Nest kein Licht. Damit sind die Kleinen jetzt ausreichend motiviert nach einem besseren Zuhause zu suchen.
4. Man schafft im Formicarium ideale Bedingungen, also ein wenig feuchter Sand und das ganze abdunkeln.
Schon nach einigen Stunden haben die Kundschafter die ersten Arbeiter überredet mit dem Bau eines neuen Nestes zu beginnen und irgendwann befindet sich dann ganz plötzlich über Nacht auch die Königin und die Brut in den neuen Kammern. Allerdings muß man schon sehr viel Glück und Feingefühl haben um die Wanderschaft zu beobachten, denn Ameisen sind bei allem was die Herrscherin und die Brut betrifft extrem vorsichtig. Der Umzug ist sicher eine recht kritische Sache aber auch sehr interessant.
Prototyp 1 – AntWorld
Schöne neue Welt, aber die Ameisenwelt ist noch lang nicht fertig. Als erstes folgen einige abschließende Arbeiten am Formicarium selbst. Der Rahmen wurde mit einer hübschen Sichtblende beklebt und mit einem LCD-Thermometer versehen. Der Nestbereich selbst wurde von hinten komplett mit der Sichtblende verdeckt, damit das Nest von der hinteren Seite abgedunkelt ist. Die Vorderseite wurde mit einer roten durchsichtigen Folie versehen, welche abnehmbar ist. So kann zur Beobachtung das Glasformicarium leicht von hinten beleuchtet werden und es scheint ein dezentes Licht von hinten durch die Nestkammern, da das Material der Sichtblende ein wenig Licht durchlässt.
[bilder fertiges formicarium]
Aber auch die Arena hat noch ein wenig Modding nötig. So habe ich die ganze AntWorld um diverse Kammern und einen Treehouse 🙂 erweiter wie man auf den folgenden Bildern erkennen kann. Bis auf das Baumhaus ist das ganze System in sich geschlossen und mit Schläuchen verbunden. Das Baumhaus aber ist offen und damit ideal zum Füttern und für die Beobachtung. Allerdings bedarf es dabei einer Wassersperre, damit die Ameisen nicht autonom die weitere Umgebung erkunden. Der Schlauch ist dabei unter Wasser als Schleuse geführt. Natürlich sollte man gerade im warmen Sommer darauf achten das immer ein entsprechender Wasserstand besteht… 😉
[bilder erweiterungen]
Kehren wir zurück zum Anfang: Wir hatten zwei Königinnen – Elvira und Yan Li. Elvira hat ihr Volk nun in das gelobte Land geführt, doch was ist mit Yan Li? Davon mehr in der Fortsetzung…