Prototyp 2 – AntWorld

Das Yan Li Volk ist natürlich ebenso gewachsen und hat auch eine eigene Welt bekommen. Doch für dieses zweite Formicarium wollte ich auf der Basis meiner bisherigen Erfahrungen eine völlig andere Konstruktion ausprobieren. Als erstes sollte das Formicarium komplett offen gestaltet sein, was bedeutet, dass man mit einer Wassersperre arbeiten muss. Außerdem sollte zwar größer, aber auch kompakter werden und ein möglichst organisches Design sein. Es dauerte nicht ange bis ich einen entsprechenden Entwurf vor Augen hatte: Ein kleiner Weltenturm mit einem kugelförmigen Glasformicarium in der Mitte. Das ist mit Worten etwas schwer zu verdeutlichen, deshalb hier die Skizzen zum Design:
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Als unterstes eine große Wasserschale als Sperre, darauf eine kleinere Schale als Arena. Vier Bambusstäbe bilden einen Turm mit verschiedenen Ebenen und halten in der Mitte eine Glaskugel mit dem eigentlichen Formicarium – AntEarth.
Dieses kugelförmige Formicarium als Herz dieser Welt hatte eine sehr differenzierte innere Struktur, wie man auf der zweiten Skizze erkennen kann: Im innersten befindet sich ein nach oben offener Glaszylinder als Wasserreservoir. Diesen Glaszylinder habe ich mit einer Gipshülle  mit einem Überhang über der Öffnung des Glaszylinders versehen. Diese Gipshülle sollte bewußt eine ungleichmäßige Form wie ein Felsen haben, mit vielen Nischen und Mulden im überirdischen Bereich, welche man dann bepflanzen konnte. Der Gips selbst wurde natürlich entsprechend eingefärbt. Durch diese Gipsschicht blieb zur äußeren Glaswand dann nur, genau wie bei einem flachen Formicarium, ein dünner Spalt, der mit Sand befüllt wurde. in dieser flachen „Erdkruste“ konnten die Ameisen ihr Nest bauen und gleichzeitig durch das Glas beobachtet werden. Der Gips hatte aber nicht nur die Funktion einen schmalen Spalt für den Sand zu bilden, sondern er sollte auch Feuchtigkeit von dem Wasserspeicher im zentralen Glaszylinder verteilen. Dazu habe ich in den Gips an einer Seite einen Docht aus mehreren Strickenden eingegossen, dessen Ende in das Wasser hing. Dieser Docht hat das Wasser langsam in dem Gips verteilt und so eine gedämpfte feuchte Zone auf einer Seite der Kugel erzeugt. So können die Ameisen genau jene Stellen suchen, welche ihren Bedürnissen nach Feuchtigkeit gerecht werden.
Der allgemeine Aufbau des Turmes: Basis ist die untere Schale mit der Arena. Diese Schale wurde bis zur Hälfte mit Gips ausgegossen, wobei dabei auch gleich die vier Bambusstangen in diesem Gips mit eingegossen und arretiert wurden, damit der Turm eine solides und schweres Fundament hat. Der Rest der Arena wurde dann mit Sand aufgefüllt. Im übrigen sollte der Sand in der Arena immer trocken gehalten werden, da sonst die Ameisen dort Zweignester anlegen und im ungünstigsten Falle sogar umziehen. Im trockenen Sand aber können sie keine Gnge und Kammern bauen.
Der weitere Aufbau sollte nicht weiter erläutert werden, da alles nötige auf den Bildern zu sehen ist. Dekoriert mit einigen Trockenpflanzen und Steinen und mit einer entsprechenden lebenden Bepflanzung ist der ganze Turm recht dekorativ und nimmt doch nur wenig Platz in Anspruch. Für eine Bepflanzung eignet sich ganz hervorragend der innere Glaszylinder der Kugel mit seinem Wasserspeicher.
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Aus einer Uhrschale und etwas Kupferdraht habe ich eine Futterschale gelötet, die man am Glasrand des Kugelformicariums einhngen kann. Die Uhrschale kann man zum reinigen ausklinken.

hive-style800x600Das Yan Li Volk ist natürlich ebenso gewachsen und hat auch eine eigene Welt bekommen. Doch für dieses zweite Formicarium wollte ich auf der Basis meiner bisherigen Erfahrungen eine völlig andere Konstruktion ausprobieren. Als erstes sollte das Formicarium komplett offen gestaltet sein, was bedeutet, dass man mit einer Wassersperre arbeiten muss. Außerdem sollte es zwar größer, aber auch kompakter werden und ein möglichst organisches Design haben. Es dauerte nicht lange bis ich einen entsprechenden Entwurf vor Augen hatte: Ein kleiner Weltenturm mit einem kugelförmigen Glasformicarium in der Mitte. Das ist mit Worten etwas schwer zu verdeutlichen, deshalb hier die Skizzen zum Design:

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Die Basis bildet eine große Wasserschale als Sperre, darauf eine etwas kleinere Schale als Arena. Vier Bambusstäbe bilden einen Turm mit verschiedenen Ebenen und halten in der Mitte eine Glaskugel mit dem eigentlichen Formicarium – AntEarth.

Dieses kugelförmige Formicarium als Herz dieser Welt hatte eine sehr differenzierte innere Struktur, wie man auf der zweiten Skizze erkennen kann: Im Innersten befindet sich ein nach oben offener Glaszylinder als Wasserreservoir. Diesen Glaszylinder habe ich mit einer Gipshülle  mit einem Überhang über der Öffnung des Glaszylinders versehen. Diese Gipshülle sollte bewusst eine ungleichmäßige Form wie ein Felsen haben, mit vielen Nischen und Mulden im überirdischen Bereich, welche man dann bepflanzen konnte. Der Gips selbst wurde natürlich entsprechend eingefärbt. Durch diese Gipsschicht blieb zur äußeren Glaswand dann nur, genau wie bei einem flachen Formicarium, ein dünner Spalt, der mit Sand befüllt wurde. in dieser flachen „Erdkruste“ konnten die Ameisen ihr Nest bauen und gleichzeitig durch das Glas beobachtet werden. Der Gips hatte aber nicht nur die Funktion einen schmalen Spalt für den Sand zu bilden, sondern er sollte auch Feuchtigkeit von dem Wasserspeicher im zentralen Glaszylinder verteilen. Dazu habe ich in den Gips an einer Seite einen Docht aus mehreren Strickenden eingegossen, dessen Ende in das Wasser im zentralen Glaszylinder hing. Dieser Docht sollte das Wasser langsam in dem Gips verteilt und so eine gedämpfte feuchte Zone auf einer Seite der Kugel erzeugt. So können die Ameisen genau jene Stellen suchen, welche ihren Bedürfnissen nach Feuchtigkeit gerecht werden.

Der allgemeine Aufbau des Turmes: Basis ist die untere Schale mit der Arena. Diese Schale wurde bis zur Hälfte mit Gips ausgegossen, wobei dabei auch gleich die vier Bambusstangen in diesem Gips mit eingegossen und arretiert wurden, damit der Turm eine solides und schweres Fundament hat. Der Rest der Arena wurde dann mit Sand aufgefüllt. Im übrigen sollte der Sand in der Arena immer trocken gehalten werden, da sonst die Ameisen dort Zweignester anlegen und im ungünstigsten Falle sogar umziehen. Im trockenen Sand aber können sie keine Gänge und Kammern bauen.

Der weitere Aufbau sollte nicht weiter erläutert werden, da alles nötige auf den Bildern zu sehen ist. Dekoriert mit einigen Trockenpflanzen und Steinen und mit einer entsprechenden lebenden Bepflanzung ist der ganze Turm recht dekorativ, nimmt nur wenig Platz in Anspruch und ist von allen Seiten einsehbar. Für eine Bepflanzung eignet sich ganz hervorragend der innere Glaszylinder der Kugel mit seinem Wasserspeicher.

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Aus einer Uhrschale und etwas Kupferdraht habe ich eine Futterschale gelötet, die man am Glasrand des Kugelformicariums einhängen kann. Die Uhrschale kann man zum reinigen ausklinken. Für den Umzug des Volkes aus der Gründungskammer in das Formicarium musste ich nur das Reagenzglas in der Nähe der Glaskugel befestigen.

Modul 1 – Die Fruchtfliegenfarm

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(Photo „Ant (Myrmica sp.) milking aphids“ by Guido Gerding, Photo „Symbiose von Ameisen und Blattläusen“ by Marco Ponepal, Quelle Wikipedia) Über die Wochen und Monate wuchs das Yan Li Volk auf mehrere hundert Ameisen an und es wurde Zeit für neue Experimente. Die Versorgung mit Nahrung war eine interessante Sache aber über die Zeit auch ein wenig eintönig. Und so stellte ich mir bald die Frage, ob es denn möglich wäre, das die kleinen Racker sich nicht ein wenig selbstständiger mit Nahrung versorgen könnten. In der Natur halten und pflegen die Ameisen der Art Lasius niger gern Blatt- und Wurzelläuse, deren zuckerhaltiges Sekret – das sogenannte Honigtau – sie von diesen Insektenkühen melken. Nun, zum Thema Blattläuse konnte ich leider keinen Kompromiss mit meiner Frau schließe, so interessant es auch gewesen wäre, die kleinen Racker bei der Viehzucht zu beobachten, aber Blattläuse wollte meine persönliche Königin dann doch nicht in der Wohnung haben.

Also mussten wir ein wenig kreativ sein und dem Turm Volk eine andere Beute besorgen. Frische und lebende Kleininsekten und Larven sind natürlich eine ganz hervorragende und wichtige Eiweißquelle für die heranwachsende Brut der Ameisen. Viele Aquarianer züchten Fruchtfliegen selbst für ihre Fische. Fruchtfliegen sind sehr gut geeignet, da sie einen sehr kurzen Reproduktionszyklus haben und sie haben in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien genau die richtige Größe für die Ameisen. Schon nach Tagen

gibt es eine neue Generation Fliegen, die auch sofort wieder geschlechtsreif ist. In der Larvenphase sind sie eine gute Beute für die Ameisen und bevor sie sich verpuppen wandern die Larven auch aus der Frucht zu einem geeigneten Ort. Wäre es nicht toll, wenn die Ameisen selbst auf Beutezug gehen könnten um ihr Futter zu jagen? Das einzige was man dazu benötigt ist eine kleine abgeschlossene Fruchtfliegenfarm, welche von den Ameisen besucht werden kann, die aber auf der anderen Seite für die Fruchtfliegen selbst ausbruchsicher ist.

Gesagt, getan! Am Ameisenturm brachte ich seitlich eine neue Plattform an, auf welche eine Glasglocke gesetzt werden konnte. An der Plattform befand sich eine Halterung an der Unterseite, in welche ein Glasgefäß eingehängt werden konnte. Dieser kleine Glasbehälter wurde mit etwas Wasser und Granulat befüllt, um darin eine Pflanze unter der Glocke anzusiedeln. Auf der Plattform selbst wurde ein Glasgefäß arretiert, in welchem sich die Fruchtstücken als Köder und als Nahrung für die Fruchtfliegen befand. Die Ameisen konnten über einen in die Plattform eingeklebten Schlauch in diese Glasglocke gelangen. Es hat sich gezeigt, das die Fruchtfliegen diesen Schlauch nicht benutzen, wahrscheinlich da sie prinzipiell nicht in so ein dunkles Loch kriechen, aus dem ständig grimmige Ameisen kommen. Wichtig ist ein minimaler Luftaustausch, also ein kleiner Spalt zwischen Plattform und dem Rand der Glaskuppel – schmal genug das keine der Fliegen flüchten konnte, aber breit genug das ausreichend Luft ausgetauscht wird. Dafür wurden an drei Stellen kleine Abstandshalter angebracht, auf denen die Glocke aufsaß. Hier einige Bilder der Konstruktion:

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Und so funktioniert es: Man schneidet einige Fruchtstücken zurecht, befüllt das kleine Glasgefäß und stellt dieses auf die Plattform. Jetzt wird die Glocke aufgesetzt, aber mit einem Abstandshalten ein größerer Spalt gelassen. Nun heißt es warten. In den Sommermonaten dauert es nicht sehr lange bis sich die ersten Fliegen an dem leckeren Köder einfinden und in das nun langsam zersetzliche Fruchtfleisch ihre Eier setzen. Jetzt braucht man nur vorsichtig den Abstandshalter entfernen und die Fliegen sind gefangen. Nach kurzer Zeit schlüpfen die ersten Larven in den Früchten und beginnen ihre Fressorgie. Innerhalb von wenigen Tagen sind sie fett und kriechen an den Rand, wo sie sich verpuppen. Nach kurzer Zeit dann schlüpft schon die nächste Generation. Das ganze funktioniert über mehrere Generationen, dann ist das Fruchtfleisch aufgebraucht und muss nachgefüllt werden.

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Aber auch die Ameisen sind fleißig. Schon nach kurzer Zeit findet sich eine erste Kundschafterin ein und sondiert die Umgebung und kurze Zeit später ist der Weg in die Farm mit Duftstoffen markiert. Ich habe beobachtet wie die Ameisen Larven fangen und Puppen in das Nest schleppen. Die Fruchtfliegen selbst sind extrem flink und fühlen sich auch ziemlich sicher, weshalb sie nicht unbedingt einen großen Abstand zu den Jägern halten. Aber ich konnte beobachten, wie es Ameisen in einigen Fällen gelang, selbst eine Fliege zu fangen und sie an den Flügeln durch den Schlauch in das Nest gezerrt wurde. Hat erstmal eine Ameise eine Fliege gepackt, so ist das Ende besiegelt. Allein schafft sie es zwar nicht, die zapplige Beute zu bergen, aber die Fliege kann auch nicht mehr fliehen. Ameisen sind da extrem ausdauern und lassen so schnell nichts los. Schon nach kurzer Zeit finden sich dann weitere Arbeiterinnen die mit anpacken und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Beute geborgen wird. Leider sind mir von einem solchen Fang keine Bilder geglückt, deshalb noch einige allgemeine Ansichten aus dem Leben der Arbeiterinnen des Yan Li Volkes.

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Die Zeit fliegt dahin und das Volk der Yan Li wächst und wächst. Modul 1 – die Fruchtfliegenfarm – verrichtete mittlerweile stabil und erfolgreich ihren Dienst. Die Ameisen haben schnell gelernt diese Ressourcen zu nutzen und mit Sicherheit gibt es nun auch schon eine ganz neue Generation von schnellen und erfahrenen Jägerinnen. Zeit für ein weiteres Experiment.

Modul 2 – Die geheimnisvolle Insel

AntEarth ist eine sehr schöne Plattform geworden, um die Tiere in vielfältigen Situationen zu beobachten – es ist offen, alles ist sichtbar und ohne große Umstände kann man in das System eingreifen. Aber dennoch ist das System kein Biotop, nicht komplex genug, damit sich Kreisläufe herausbilden können. Ich hatte dabei die Vorstellung von einer größeren Arena, ein Stück „wilde“ Natur im Miniaturmaßstab, in welchem sich die Ameisen austoben sollten. Es sollte dort verschiedene Zonen mit ganz eigenem Klima geben und vielleicht auch andere Mitbewohner. Dennoch sollte es offen sein wie AntEarth auch, musste also wieder eine Wassersperre haben.

Die kreative Funken schlug Feuer, als ich darüber nachdachte, wie man eine innovative und möglichst funktionale Wassersperre gestalten konnte. Man braucht sich eine solche Arena mit Wassersperre nur mal als Insel vorzustellen. Fast von selbst kommt irgendwann der Wunsch, auch das Wasser zu bevölkern – ich wollte ja neue „Mitbewohner“ für die Ameisen schaffen. Was liegt da näher als diesen Wasserlebensraum gleich als eine Art Aquarium zu gestalten, in welchem man den submersen Bereich gut beobachten konnte. Der Überwasserteil sollte als Insel aus dem Wasser ragen. Dabei sollten im Gegensatz zu einem normalen Aquarium nur ganz wenige und ausgewählte Tiere den Wasserteil bewohnen.

Nun aber zum praktischen Aufbau. Ein passendes Becken und einige Holz- und Wurzelteile fanden sich schnell im Fachhandel. Ein stammförmiges Holzstück wurde als Basis gewählt auf dem die Insel aufgebaut wurde. Dieser Stamm wurde mit VA-Schrauben auf einer Plexiglasplatte befestigt um den sicheren Stand zu gewährleisten. Auf dem Stamm aber wurden verschiedene Ebenen aus dem Holz aufgebaut. Eine Besonderheit gibt es noch bei der Filteranlage. Da es nicht viele Wasserbewohner geben sollte , wollte ich auch keine aufwändige Filteranlage realisieren. Viel mehr habe ich an ein Zusammenspiel zwischen dem Unterwasserteil und dem später bepflanzten Oberwasserteil gedacht. Eine einfache Aquarienpumpe fördert das Wasser an zwei Punkten nach oben in den Landteil. Einer dieser Punkte liegt im inneren des querliegenden hohlen Holzes, welcher mit einem Granulat befüllt wurde. Auf diesem Granulat im inneren des Holzes konnten sich gut die nötigen Bakterien ansiedeln, welche das Wasser filtern. Ein anderer Punkt bildete eine kleine Quelle auf dem unteren Landteil. Die Idee dabei ist folgende: durch den ständigen minimalen Wasserstrom werden die oberirdischen Pflanzen ausreichend mit Wasser und Nährstoffen aus dem Wasserteil versorgt und gleichzeitig wird das Wasser auf seinem Weg durch das Kiesbett in dem Holz gefiltert. Natürlich muss man die passenden Pflanzen für eine solche feuchte Umgebung ansiedeln. Der Pflanzenbewuchs machte dabei einige Metamorphosen durch.

Neben dieser feuchten Landebene gibt es noch eine völlig trockene und durch die Beleuchtung relativ warme obere Ebene. Die unzähligen Höhlungen und Gänge sind dabei mit Sand befüllt, in dem sich die Ameisen ausbreiteten.

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Natürlich ist dieses AntIsland keine kurzfristige Sache. Der Bau geht dabei noch recht schnell von der Hand, aber man muss diesem kleinen Biotop einige Wochen, wenn nicht gar Monate Zeit geben, bis sich die entsprechenden Kreisläufe ausgebildet und stabilisiert haben. Auch die Pflanzen brauchen einige Zeit bis sie ihren Platz in der neuen Umwelt gefunden haben und ich musste erst einige Experimente anstellen, bis sich eine stabile und überlebensfähige Pflanzenpopulation herausgebildet hat. Aber auch das ist nie endgültig und sehr interessant zu beobachten. Zahlreiche Kleinstlebewesen breiteten sich über und unter dem Wasser aus. Mit jedem weiteren Bewohner verschieben sich wieder die vielfältigen Wirkmechanismen und es dauert wieder einige Zeit bis sich ein stabiler Zustand einstellt. AntIsland ist eine Übung in Geduld. Es hat lange gedauert bis ich endlich das Formicarium mit diesem Biotop gekoppelt habe und die ersten vorsichtigen Kundschafterinnen des Yan Li Volkes ihre sechs Gliedmaßen auf das neue Land setzten.

So waren die ersten tierischen Bewohner die einzogen Schnecken. Ich habe versucht auf dem Landteil eine Schnecke anzusiedeln, musste aber feststellen das diese einen zu hohen Metabolismus für so einen kleinen Biotop haben. Später folgen dann im Unterwasserteil Amano-Garnelen, ein Pärchen Kampffische und zwei Zwergpanzerwelse. Die Garnelen sind sehr genügsame und scheue Tiere. Sie ernähren sich von Algen und man muss schon einige Zeit beobachten, bis man eine von ihnen zu Gesicht bekommt. Die Kampffische habe ich ausgewählt, weil sie in ihrer natürlichen Umgebung meist in ähnlichen Biotopen überleben. Dafür besitzen sie ein sogenanntes Labyrinth Organ, mit welchem sie selbst in sehr sauerstoffarmen Wasser durch Außenluftatmung überleben. Sie waren echt tolle Ungeheuer in der kleinen Welt. 🙂 Als letztes installierte ich noch einen Ultraschall Nebler, welcher in zyklischen Abständen die Wasseroberfläche mit einem Nebel flutete – ein atemberaubender Anblick.

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Letztlich war die Zeit gekommen das Formicarium mit diesem neuen Lebensraum zu verbinden. Dazu diente wieder ein Silikonschlauch, welcher auf beiden Seiten als Schleuse durch das Wasser geführt wurde. Der Ausgang befand sich auf der oberen trockenen Ebene der Insel. Es dauerte eine ganze Zeit bis die Kundschafter Ameisen die Insel entdeckt und erkundet hatten. Einige von ihnen sind auch im Rachen der Kampffische gelandet, womit sich der Kreislauf in einer besonderen Form geschlossen hat. Es ist sehr schön zu beobachten, wie sich über eine solche Strecke eine Ameisenstraße organisiert und Nahrung geborgen wird. Einige Verhaltensweisen bleiben in ihrem Sinn aber auch im Verborgenen – so ist oft nicht erkennbar warum einige Arbeiterinnen Sand an ganz bestimmten Stellen anhäufen, oder warum sie den Müll, welcher normalerweise auf einer Art Müllhalde gesammelt wird, kunstvoll in den Ähren von Trockengräsern aufschichten. Ich denke aber das ganze wird schon seinen Sinn haben und bleibt in seiner Komplexität so ein wenig geheimnisvoll und interessant.

Der Hive

Viele kleine Episoden könnte ich hier von diesem eigenartigen Experiment berichten, aber das würde den Rahmen dieses Artikels bei weitem sprengen, weshalb ich hier mit zwei Zitaten enden möchte. Ersteres stammt von Erasmus Ebnerus aus dem Jahr 1550:

„Wenn ich die ganze Geschichte der Ameisen berichten wollte, dann könnte die Erzählung freilich länger werden als die Illias.“

Ameisen gibt es schon seit über 150 Millionen Jahren auf der Erde und sie besiedeln diesen  Planeten in einem weitaus größerem Maße als man auf den ersten Bick vermuten möchte. Für mich ist eine der interessantesten Fragen, wie tausende Einzelindividuen es fertig bringen wie ein Superorganismus zu handeln. Und sie bringen schon in kleiner Zahl ganz erstaunliche Leistungen hervor:

„Ameisen haben ihr Staatsleben bis zu einem Punkt entwickelt, daß es deutlich menschliche Züge annimmt. Sie treiben Viehzucht in gebauten Ställen, seit Jahrmillionen kennen sie Keimhemmstoffe und Vorratswirtschaft. Sie stellen brotähnliche Nahrung her, bauen Straßen und im Innen- und Außendienst gibt es viele Berufe.

Sklavenraub und Sklavenhaltung, organisierte Kriegsführung mit mechanischen und chemischen Waffen, Königsmord und Verfall in Drogensucht – das sind nur einige der spektakulären Erkenntnisse, die uns die Ameisenforschung zum Teil erst in jüngster Zeit beschert.“ aus „Ameisen  – Der duftgelenkte Staat.“

Schon mit >~512 biomechanischen Cores sind die erstaunlichsten Verhaltensweisen und Mechanismen in einem Formicarium zu beobachten, selbst strukturierend und doch mechanisch und instinktgesteuert. Einfach faszinierend.

Weiterführende Links:

Bücher zum Thema:

„Ameisen. Der duftgelenkte Staat.“ von Wolfgang Schwenke ISBN 3 7842 0309 4
Klappentext: „Ameisen haben ihr Staatsleben bis zu einem Punkt entwickelt, dass es deutlich menschliche Züge annimmt. Sie treiben Viehzucht in gebauten Ställen, seit Jahrmillionen kennen sie Keimhemmstoffe und Vorratswirtschaft. Sie stellen brotähnliche Nahrung her, bauen Strassen und im Innen- und Aussendienst gibt es viele Berufe. Sklavenraub und Sklavenhaltung, organisierte Kriegsführung mit mechanischen und chemischen Waffen, Königsmord und Verfall in Drogensucht – das sind nur einige der spektakulären Erkenntnisse, die uns die Ameisenforschung zum Teil erst in jüngster Zeit beschert.“

„Die Ameisen“ Roman von Bernhard Werber ISBN 3-492-23469-0
„Neugierige seien gewarnt: Ihr Verhältnis zu Ameisen und Kellern wird nie mehr so sein wie vor der Lektüre dieses Wahnsinnsbuchs.“